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Die neuen Olivenöle von La Grange – Ein Interview mit Rolf Freund

Neben Weinen, produzieren auch immer mehr Winzer Olivenöl. Doch was macht ein gutes Olivenöl eigentlich aus und worauf ist beim Zusatzgeschäft „Olivenöl“ zu achten? Wir haben dazu mit Rolf Freund, Inhaber von Weingut La Grange in Südfrankreich gesprochen und das neue Olivenöl probiert.

„Nicht weit von der Kellerei von La Grange, in der Lage Sabatier, ist ein Olivenhain. Etwa 350 Bäume stehen da am Hang, zwischen ihnen große Sandsteinblöcke. Als ich zum ersten Mal diesen Olivenhain besuchte saßen unter den Bäumen drei Generationen der Familie Pailles im Gras zusammen, aßen Weißbrot mit Paté, tranken Wein und schauten auf die glänzenden Oliven, die sie gerade geerntet hatten. Sie erklärten mir welche Olivensorten sie haben und schwärmten leidenschaftlich von ihrem eigenen Öl.“

Und da war es um Sie geschehen?

„Sofort! Sie haben mich angesteckt. Ich bekam Lust selbst Olivenöl zu machen. In den Jahren darauf pflanzten wir auf mehreren Parzellen unseres Weinguts Olivenbäume. Wir warteten ungeduldig dass sie groß werden und Oliven tragen würden. Vor sechs Jahren beschleunigte sich das Projekt dann drastisch, als die Familie Palles zu uns kam und fragte, ob wir ihren Olivenhain kaufen wollen. Das taten wir und das war der Startschuss für das Olivenöl von La Grange.“

 

Was gab den Impuls die Linie in diesem Jahr zu überarbeiten und zu erweitern?

„Wir trafen auf Eric Martin. Eric ist so etwas wie der Olivenölpapst von Frankreich und besitzt ein Gut an der Ardèche. Dort produziert er die besten und die berühmtesten Olivenöle Frankreichs. Wir verkosteten sein Öl, er verkostete unser Öl. Die Ausdruckskraft und die Reinheit seiner Öle faszinierten uns und es war klar, dass unser Öl noch unausgeschöpftes Potential besitzt. Wir haben Eric also gebeten, uns zu helfen, Spitzenöle zu produzieren. Er erarbeitete uns einen detaillierten Plan. Seither werden unsere Olivenbäume anders geschnitten, wir verwenden anderen Dünger und wir befolgen ein maßgeschneidertes Procedere bei der Ernte und bei der Verarbeitung der Oliven.“

Bis ein Olivenöl verzehrfertig, wie hier vor uns, auf dem Tisch steht ist es ein langer Weg: Welches sind die entscheidenden Faktoren für hochwertiges Olivenöl?

„Der erste ganz entscheidende Faktor ist der Lesezeitpunkt. Wir möchten ein Olivenöl machen, das möglichst gesund ist, also möglichst wenig freie Fettsäure enthält. Ein Öl, das möglichst gut geschützt ist gegen Oxidation und deshalb lange jung und frisch bleibt. Um diese Eigenschaften zu erreichen müssen die Oliven ganz früh, also grün geerntet werden. Die grünen Oliven geben dem Öl ein Maximum an frischen grünen Aromen.

Der zweite entscheidende Faktor ist die sofortige Verarbeitung der Oliven. Auf La Grange werden die Oliven von Hand gelesen. Wir lesen viel früher als alle Güter um uns. Die Ölmühle macht extra für uns auf und wir sind die einzigen, die in dieser Zeit Oliven anliefern. Am Nachmittag bringen wir das was am Tag gelesen wurde in kleinen Kassetten zur Ölmühle. Da die Oliven ganz grün sind ist der Ertrag sehr gering. Bei der Variété Olivière braucht es 8 Kg Oliven für einen Liter Öl.“

In diesem gepressten Zustand ist das Öl sicherlich besonders gestresst…

„Jetzt zählt jede Minute! Nach dem Pressen wird das Öl sofort gefiltert, damit der Trub den Geschmack und die Frische nicht beeinträchtigt. Die Qualität von Olivenöl nimmt rapide ab durch Oxidation d.h. durch Kontakt mit Sauerstoff. Dadurch steigt der Gehalt an freien Fettsäuren, das beeinträchtigt den Geschmack. Das Öl verliert an Frische und Lagerfähigkeit – ein wichtiges Kriterium beim späteren Verkauf. Nach dem Pressen wird das Öl sofort in kleine Edelstahltanks gefüllt. Dort wird es zusätzlich durch eine Schicht Stickstoff vor dem Kontakt mit Sauerstoff geschützt, damit die Reinheit und Frische des Öls erhalten bleiben. Von da wird das Öl in dunkle Flaschen abgefüllt, weil das Öl schnell ranzig wird, wenn es hellem Sonnenlicht ausgesetzt ist.“

Mit Olivenöl verbindet man häufig mediterrane und sonnenverwöhnte Genussküche. Wie verhält es sich also auf dem deutschen, tendenziell konservativeren Olivenölmarkt?

„Obwohl Olivenöl nachweislich gesünder ist als Sonnenblumenöl, wird in der deutschen Küche wenig Olivenöl verwendet. Weniger als ein Liter pro Kopf pro Jahr fließt dabei in die Speisenzubereitung in deutschen Haushalten. Das sind gerade einmal 0,8 l im Jahr pro Person Bei den Italienern ist der Verbrauch mehr als zehn Mal so hoch. In Spanien wird der Jahreskonsum der Deutschen bereits in einem Monat erreicht. Knapp 1 l Olivenöl pro Monat(!) wird dort im Schnitt pro Person konsumiert. In Deutschland ist also noch viel Potential für das gesunde Leben.“

Geht die Rechnung auf: Wer vermehrt hochwertigen Wein konsumiert, konsumiert auch mehr hochwertiges Olivenöl?

„Sicherlich besteht dort eine Korrelation. Das Olivenöl, das in Deutschland im LEH verkauft wird, stammt überwiegend von großen Produzenten zu dementsprechenden Preisen. Die individuellen hochkarätigen Olivenöle von kleinen Erzeugern werden im Delikatessen- und Wein-Fachhandel und über Gourmetshops im Internet angeboten und verkauft. Hier ist es eindeutig von Vorteil, wenn von einem Hersteller nicht nur Öl sondern auch Wein angeboten wird. Die guten Assoziationen, die die Weinkonsumenten bereits mit der Marke sammeln konnten, lassen sich hervorragend auf Diversifikation, in diesem Fall das Olivenöl, übertragen. Diese Überlegungen spielen sicherlich bei vielen Winzern eine entscheidende Rolle. Es lohnt sich also, jedem Weinkunden zuzurufen ‚probieren Sie doch auch mal das Olivenöl von … , zum Beispiel von La Grange‘.“

Auf welche geschmacklichen Unterschiede dürfen sich die Kunden mit der neuen Linie freuen?

„Ein gutes Olivenöl muss drei Eigenschaften haben: es muss fruchtig sein, es muss bitter sein und es muss im Abgang pfeffrig sein. Die neue Sélection Variétale ist ein Öl mit einer ausdrucksvollen Persönlichkeit. Es ist eine Begegnung mit einem Korb voll reifer Frucht. Da sind vor allem Aromen von Artischocke, Banane und Haselnuss. Das bisherige Öl zeigte ebenfalls reife Frucht. Die Frucht war aber bei weitem nicht so vielfältig, bei weitem nicht so harmonisch wie bei der neuen Sélection Variétale. Harmonie ist überhaupt der zentrale Begriff, um den es geht. Es mischen sich die Fruchtaromen mit anregenden Bittertönen und werden begleitet von einer belebenden Schärfe im Abgang. Und all diese Geschmackselemente fließen in großer Harmonie wunderbar zusammen.

Dazu gesellt sich nun auch ein sortenreines Olivenöl der Sorte Olivière?

„Genau, die Varieté Olivière ist kraftvoller und hat eher Aromen von grüner als von reifer Frucht. Es sind vor allem Aromen von grüner Tomate, von Basilikum, und von Mandeln. Belebende Bittertöne und die pfeffrige Schärfe geben dem Öl eine reiche Würze und sehr viel Klarheit und Frische. Das Olivenöl von La Grange ist würziger, reiner und gesünder geworden. Der Gehalt an freien Fettsäuren ist der wichtigste Indikator für die Qualität eines Olivenöls. Natives Olivenöl Extra darf maximal 0,8 g freie Fettsäuren pro 100 g Öl enthalten. Bislang hatte das Olivenöl von La Grange 0,3 g freie Fettsäuren. Die neuen Öle haben absolute Spitzenwerte: die Sélection Variétale hat 0,21 g, die Variété Olivière hat sogar nur 0,15 g freie Fettsäure.

Wie und zu welchen Speisen konsumieren Sie persönlich das Olivenöl am liebsten?

Ich bin nicht nur ein Fan, ich bin verliebt in Olivenöl. Manchmal esse ich abends nichts anderes als Baguette, das ich in Olivenöl tunke. Himmlisch. Bei uns in der Küche wird jedes Gericht mit Olivenöl gemacht. Fleisch anbraten, Mehl anschwitzen, Salatsoße zubereiten, alles mit Olivenöl.

Die Sélection Variétale nehmen wir für Fleisch und Gemüse, die Variété Olivière, für Fisch, für Geflügel und für den Salat. Das Öl scheint den Geschmack von Fisch und Geflügel auf magische Weise zu verstärken. Am Tisch bekommt der Fisch oder das Fleisch oder die Suppe noch einen Spritzer frisches Olivenöl obenauf, das ist die wundervolle Würze des gesunden Essens. Mit einem guten Olivenöl wird Kochen schöner und das Gericht wird gesünder und raffinierter.

Herr Freund, vielen Dank für das nette Gespräch!